Weibliche Ahnenfigur "thilkotina", 19. Jahrhundert
Sotheby’s Paris, 8 June 2007, lot 45
Johann Levy, Paris, France
Serge Schoffel, Brussels, Belgium
Beschreibung
Holz, fragmentarisch, Sockel
Im Lobi-Kosmos spielt die Welt der Verstorbenen eine besonders wichtige Rolle. Idealerweise soll jeder Verstorbene, ob Mann oder Frau, im Tode den Status eines “vollkommenen” Ahnen - “kotin” - erreichen. Der Weg dahin ist ein komplizierter langwieriger Prozess, der mehrere Serien von Begräbnis-Riten umfasst und der erst endet, wenn die Seele des Verstorbenen im Jenseits angelangt ist.
In der letzten Phase der Transformation zu einem “kotin” wird sich der Ahne seinen Nachkommen durch einem Traum oder eine unerklärliche Krankheit zu erkennen geben, um ihnen mitzuteilen, daß er jetzt “in die Welt gebracht werden möchte”, das heißt, dass er seine Gegenwart/ Kräfte fortan in Gestalt einer Figur repräsentiert sehen will.
Das Abbild eines Ahnen wird im Allgemeinen von einer Figur des anderen Geschlechts begleitet, denn die Macht der Ahnen wird idealerweise verkörpert von einer männlichen Figur, die zusammen mit ihrem weiblichen Gegenstück zu einem untrennbaren Paar “thilkotina” verbunden ist. Die Figuren finden im Sanktuarium “thilduu” Aufstellung.
Nur einem Künstler, der den Grad eines “thiteldara kotin” erlangt hat, ist es erlaubt diese Figuren zu schnitzen, denn nur sie haben die Fähigkeit, eine Figur in dem Stil anzufertigen, wie ihn die Ahnenfiguren aufweisen, die sich bereits im Sanktuarium befinden. Nur durch diese Ähnlichkeit wird der nun vollkommene “neue Ahne” von den anderen akzeptiert, als einer der ihren anerkannt und kann somit fortan als Mittler zwischen der Welt der Toten und der Lebenden dienen.
Publikationen
Schoffel, S., Baeke, V. et al., "Art en premier", Brussels 2017, p 46 & 49AHDRC: 0004497