Stehende männliche Figur
Zemanek-Münster Würzburg, 10. September 1994, lot 30
Udo Petry, Hohnhorst, Germany
Beschreibung
Holz, schwarzbraun patiniert, klebrige Opferpatina, schmales rechteckig eingetieftes Gesichtsfeld mit gesenkten Augen und Resten eines Bartes, insgesamt einen ruhigen, fast hoheitsvollen Ausdruck erzielend, der Körper aus geometrischen Formen symmetrisch aufgebaut, der seitlich eingedrückte Oberkörper gleichförmig von langen Armen eingefasst, die Beine stark abgewinkelt, fragmentarischer Zustand: beide Beine unterhalb der Knie, beide Hände, ein Teil der linken Brust und ein Großteil des Bartes fehlend, rep. (linker Oberschenkel, kleiner Teil der Brust, möglicherweise rechte Hinterbacke), Risse, Fehlstellen durch Insektenfrass auf linker Gesichtsseite, auf Sockel;
die tatsächliche Funktion der Figur ist schwer zu bestimmen. Auf Grund der Größe der Figur (wenn man die fehlenden Beine ergänzt), könnte es sich um eine “dege dal nda”, eine sogenannte “Terrassenfigur” handeln. Diese Figuren wurden bekleidet und bei Begräbnissen reicher und bedeutender Stammesangehöriger auf den terrassierten Hausdächern der Verstorbenen aufgestellt. Sie wurden im Hause des “hogon” aufbewahrt und ihre Verwendung war wohlhabenden Familien vorbehalten. Die von Beopferung herrührende klebrige Patina wiederum könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass es sich um einen “vageu” genannten Figurentypus handelt. Diese Figuren wurden beim Tode eines Mitgliedes der Sippe für kurze Zeit neben den Leichnam gestellt, um einen Teil des “nyama”, der Geisteskräfte des Toten, aufnehmen zu können. Dann wurde die Figur am Familienschrein platziert, auf dem nun Opfer abgehalten werden konnten, um Gesundheit und Fruchtbarkeit zu erlangen. Beopfert wurde mit unterschiedlichsten Materialien (Blut von Hühnern, Schafen und Ziegen), Hirsebrei, diverse Mischungen von Frucht- und Pflanzensäften. Die Opfermaterialien dienten als Träger von “nyama”, der Lebenskraft, die das physische und psychische Wohlbefinden eines Menschen bestimmt.