Seltene, alte Gedenkfigur eines Königs "fon", spätes 19. Jahrhundert
Heinrich Vorwahl, Hamburg / Quakenbrück, Germany (born in 1898, year of death unknown, teacher and editor in religious studies, philosophy and philology as well as in history of medicine (focused on folk medicine)
Vorwahl Family Collection, Germany
Beschreibung
Holz, schwarze Patina, Noppenfrisur, Halsschmuck und langstielige Pfeife zeichnen den Dargestellten als Würdenträger aus, besonders auffallend ist die markante Körperhaltung mit weit vorgeschobenen Schultern und stark eingezogenem Bauch, woraus eine Dynamik resultiert, die gerade für eine sitzende Figur außergewöhnlich ist, die Gesichtszüge sind vom lokalen Stil geprägt: die Augen liegen in tiefen Höhlen, der Mund ist geöffnet und mit spitzen Zähnen ausgestattet, min. besch., rep. (Bruchstellen: rechter Unterarm und Oberschenkel, Hockerbasis), Fehlstellen (Teil des Hockers/Standring), wohl neu bemalt;
nur zwei weitere Werke dieses Künstlers oder seiner Werkstatt aus der Region Fontem Valley im Südosten Kameruns sind bisher bekannt: eines stammt aus der Sammlung Roland Tual, Paris, der bereits in den 1920ern Tribal Art und Präkolumbische Kunstobjekte sammelte. Die Figur wurde 1930 bei Dubreuil-Portier in Paris versteigert (vgl. GVR 0010912). Das zweite Objekt gelangte 2007 bei Cornette de Saint Cyr in Paris zum Aufruf (vgl. GVR 0074570).
Stilistisch und in der expressiven Mimik am nächsten steht vorliegende Gedenkfigur einer von Heinrich Schweizer publizierten Figur, die Christie’s, Amsterdam 1998 auktionierte (vgl. GVR 0009363).
Die Provenienzgeschichte der Königsfigur “fwa” reicht bis in die koloniale Bergbauzeit Kameruns zurück. Später gelangte sie in die Sammlung des Publizisten Heinrich Vorwahl (1898-?), Hamburg/Quakenbrück und befand sich bis heute in Familienbesitz.
Figurale Skulpturen der Bangwa gehören zu den eindrucksvollsten Kunstwerken Afrikas. Kein Wunder also, dass sie Künstlern der Moderne zur Inspiration diente und ausgerechnet eine Kamerun Figur, die “Bangwa Queen”, von Man Ray photographisch zur Ikone stilisiert wurde (Northern, 1986, p. 25). Die “Bangwa Queen” zählt auch heute noch zu den höchst dotierten Meisterwerken afrikanischer Kunst.
Die großen Figuren der Bangwa stellen Könige, ihre Frauen und wichtige Mitglieder des Königshauses dar. Sie werden “lefem” genannt und teilen ihren Namen mit der “lefem”-Gesellschaft, einer Vereinigung von Männern adeliger Herkunft. Eine Portrait-Figur wird von einem lokalen Bildhauer angefertigt, wenn ein neuer Häuptling die Regentschaft übernimmt. Bei wichtigen jährlich stattfindenden Zeremonien, sowie bei Gedenk- oder Begräbnisfeiern für Mitglieder der königlichen Familie, erscheinen diese Portraits als Insignien. Dabei werden sie für die Öffentlichkeit gut sichtbar am Hofe vor dem Palast ausgestellt. Sie sollen an wichtige Personen erinnern und die fortwährende Verbindung zu den Verstorbenen/Ahnen garantieren. Die Skulpturen wurden zu Lebzeiten der Personen angefertigt, im Falle eines Königs “fon”, kurz nach dem Amtsantritt. Obwohl die Figuren von unterschiedlichen Künstlern und Werkstätten hergestellt wurden, sind stilisitische Charakteristika und Ikonographie sehr ähnlich. Wenn nicht in Gebrauch werden sie in der Regel an einem sicheren Ort aufbewahrt, früher soll sich ein Palastdiener eigens um sie gekümmert haben