Phallische Steinstele, 13. -17. Jahrhundert · Äthiopien, Sidamo · ID: 3041698
Beschreibung
graubraunes Gestein (Vulkanit?), raue, tlw. mit Löchern durchsetzte Oberflächenstruktur, rund behauen, Lehmreste, Spuren von Flechten, Metallsockel;
im heutigen Siedlungsgebiet der Gideo und Sidama stehen mehrere eindrucksvolle Stelenfelder, die in den 1930er Jahren von europäischen Forschern entdeckt wurden. Der bekannte Afrikaforscher Leo Frobenius hielt 1935 ein Gräberfeld bei Tuto Fela auf Photographien fest, das Ende des 20. Jh. von R. Joussaume ausgegraben wurde. Die archäologischen Befunde ergaben, dass eine Grabstele die Gräber mehrerer Verstorbener markiert und ihre Form auf die Bedeutung der Begrabenen hinzuweisen scheint. Da die Gräber in mehreren Schichten übereinander angeordnet sind, ragen die Stelen zum Teil nur zu einem Bruchteil ihrer gesamten Höhe aus der Erde. Die in den jeweiligen Gebieten lebenden Gruppen weisen die Aufrichtung der Steinsäulen häufig anderen, früher dort ansässigen Gruppen zu, mit denen sie nicht in Verbindung stehen.
Viele Steinstelen, die v. a. im Gebiet der Gideo und Sidama anzutreffen sind, werden dem muslimischen Kriegsführer “Ahmet Granj” zugesprochen, der bei den Sidama auch als “Dingo Makoje” bekannt ist. Er soll die Stelen mit einer einzigen Hand in den Boden gerammt haben, um hier sein Pferd anzubinden. Des weiteren wurde berichtet, dass die Hadiyya an eben jenen Steinen ihre Waffen schärften und sie magisch aufluden und sie auch als Schwursteine bei Gerichtverhandlungen benutzten. Damit wurden die Stelen bis in die jüngste Vergangenheit mit Waffen, Kampf und Töten in Verbindung gebracht. In jedem Falle spielten sie als Gedenksteine im Totenkult eine Rolle und standen durch ihren formalen Bezug zum Phallus sicherlich auch mit dem Fruchtbarkeitskult in Verbindung.
Vergleichsliteratur
Nicole Poisssonier, Das Erbe der "Helden", Grabkult der Konso und kulturverwandter Ethnien in Süd-Äthiopien, Göttingen 2009, p. 194 f.