Anthropomorpher Tanzaufsatz
Zemanek-Münster, Würzburg, 27 November 2010, lot 452
Christian Franke, Murrhardt, Germany
Beschreibung
Holzkern, mit Tierhaut überzogen, Augen- und Mundöffnung ausgespart und durch Kaolin hervorgehoben, Zähne aus Holzspleissen, Bart und Frisur aus Echthaar, min. besch., Fehlstellen und Risse im Leder, Sockel.
Die Boki pflegen wie ihre Nachbarn im Süden, die Ekoi/Ejagham und andere zum Crossfluss-Kulturraum zählende Ethnien, die Kopfjägertradition mit den entsprechenden Tanzaufsätzen.
Diese sollen ursprünglich aus echten Menschenschädeln von erschlagenen Feinden bestanden haben. Die Schädel wurden zunächst präpariert, dann mit Leder überzogen, mit einer Basis aus Holz oder Korbgeflecht versehen und zum Tanzen aufgesetzt. Sie wurden bei der Trophäenparade vorgeführt, bei der die jungen Krieger die Schädel als Mannbarkeitsbeweise auf dem Kopf trugen. In Gebieten, deren Bevölkerung ständig durch Überfälle, Sippenfehden, Stammeskriege oder Sklavenjagden bedroht war, verwundert die Herausbildung einer solchen Praxis, die nach der Leistungsfähigkeit des jungen Mannes im Kampf fragt, keineswegs.
Später wurden die echten Schädel dann durch solche aus Holz ersetzt.
Analog wandelte sich ihre Bedeutung von einem Trophäen-Kult zum Schädel-/Ahnenkult.
Entsprechend wurden sie nicht mehr bei Kriegstänzen, sondern bei Initiationsriten und Beerdigungszeremonien eingesetzt.
Die Kopfaufsätze tragen zwar sehr realistische, aber keine porträthaften Züge und sind keine Verkörperungen eines bestimmten Ahnen. Vielmehr werden sie über Generationen weitervererbt und verkörpern zusammengenommen die edlen Taten aller Ahnen, die sie jemals in Besitz hatten. Wobei sie für den jeweiligen Erben natürlich den jeweils jüngstverstorbenen Besitzer repräsentieren.